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Coronavirus und Arbeitsrecht

Derzeit herrscht große Unsicherheit wegen des sich auch in Deutschland ausbreitenden Coronavirus. Betroffen sind davon auch die betrieblichen Abläufe und Beschäftigungsverhältnisse. Arbeitgeber bangen um ihre Existenz und Arbeitnehmer um ihren Job. Welche Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer hat, bestimmt sich stets am Einzelfall.

Die wichtigsten Fragen zum Coronavirus für Arbeitnehmer

Muss der Arbeitgeber mein Gehalt weiterzahlen, wenn die zuständige Behörde oder der Arbeitgeber selbst den Betrieb wegen des Coronavirus schließt?

Ja, hierbei handelt es sich um das so genannte Betriebsrisiko. Leistungsstörungen, bei denen die Arbeitsleistung des arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitnehmers aus im Betrieb liegenden Gründen unterbleibt, fallen in die Risikosphäre des Arbeitgebers und gehen zu dessen Lasten.

Eine Einstellung des Betriebs wegen des Coronavirus aufgrund einer behördlichen Anordnung betrifft den Risikobereich des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer ist ohne sein Verschulden daran gehindert, seine vertraglich geschuldete Arbeit zu erbringen. Gemäß § 615 S. 3 BGB hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Es besteht auch keine Pflicht des Arbeitnehmers, die Arbeit nachzuholen. Die ausgefallenen Arbeitszeiten dürfen also nicht als Minusstunden im Arbeitszeitkonto angeführt werden.

Sofern möglich, kann eine Pflicht des Arbeitnehmers bestehen, von zu Hause aus zu arbeiten.

Erhalte ich mein Gehalt auch, wenn beim Arbeitgeber Quarantäne angeordnet wurde?

Ja. Der Anspruch besteht dann grundsätzlich nicht gegen den Arbeitgeber, sondern die Behörde, welche die Quarantäne angeordnet hat. Damit es für den Arbeitnehmer hier keine Zahlungslücken gibt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit der Gehaltszahlung in Vorleistung zu gehen – für die Dauer von höchstens sechs Wochen. Der Arbeitgeber bekommt die Zahlung vom zuständigen Gesundheitsamt erstattet. Das ist im Infektionsschutzgesetz (§ 56 Abs. 1 IfSG) festgelegt.

Darf ich aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona Virus zu Hause bleiben oder Home-Office machen?

Der Arbeitnehmer darf nur dann der Arbeit fernbleiben, wenn er auch arbeitsunfähig ist. Die Sorge, um eine mögliche Ansteckung mit dem Coronavirus auf der Arbeit oder auf dem Weg zur Arbeit rechtfertigt es nicht, zu Hause zu bleiben. Erscheint ein Arbeitnehmer nicht, stellt das eine vertragliche Pflichtverletzung dar, die abgemahnt werden und letztlich auch zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen kann.

Anders stellt es sich dann dar, wenn ein konkreter Verdacht besteht, dass sich ein Mitarbeiter mit dem Corona-Virus infiziert hat.  Home-Office ist nur bei einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zulässig. Sofern es bei der jeweiligen Tätigkeit möglich ist, kann auch ein Recht auf Home-Office bestehen.

Darf der Arbeitgeber alle -oder- Teile der Arbeitnehmer in Zwangsurlaub schicken, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern?

Es ist rechtlich nicht klar definiert, wann es dem Arbeitgeber erlaubt ist Zwangsurlaub anzuordnen. Ausgangspunkt ist § 7 Abs. 1 BurlG. Danach sind die Wünsche des Arbeitnehmers bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange entgegenstehen. Der Grundsatz ist also, dass Arbeitnehmer selbst über ihren Urlaub bestimmen sollen, da dieser dem Erholungszweck dient und der Arbeitnehmer sich diesen zumindest weitestgehend frei einteilen soll.

Als Umkehrschluss aus dieser Regelung kann man entnehmen, dass die einseitige Anordnung von Urlaub gegen den Willen der Arbeitnehmer dringende betriebliche Belange voraussetzt.

Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Arzt seinen Helferinnen Urlaub gibt, in der Zeit, in der selbst abwesend ist, da er dann keine Helferin benötigt.

Fraglich ist, ob der Arbeitgeber vorsorglich Zwangsurlaub anordnen darf, um eine Ausbreitung des Coronavirus im Betrieb zu verhindern.

Grds. berechtigt ein Auftragsmangel oder Betriebsablaufstörungen nicht zum Zwangsurlaub.

Der Arbeitgeber trägt das so genannte Betriebsrisiko, dass er in unwirtschaftliche Zeiten gerät. Dieses Risiko darf der Arbeitgeber nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen.

Andererseits muss man sich die Sachlage bei einer drohenden Verbreitung des Coronavirus im Betrieb vor Augen halten. Schlimmstenfalls droht eine vollständige Betriebsschließung bis hin zur Insolvenz.

Das sind natürlich dringende betriebliche Belange. Wenn der Arbeitgeber ein schlüssiges Konzept hat, wie er mit der Anordnung von Zwangsurlaub für alle oder Teile der Belegschaft diese Risiken reduzieren kann, dann sollte die Anordnung von Zwangsurlaub zulässig sein.

Hierbei müsste grundsätzlich zwar eine angemessene Ankündigungsfrist vorausgehen, das dürfte aber bei einer notstandsähnlichen Lage wie dem Coronavirus entbehrlich sein,

Die Frage wie viel Zwangsurlaub erlaubt ist, ist nicht klar definiert. Grds. sollten nach einem BAG-Urteil 2/5 des Urlaubs für den individuellen Urlaub des Arbeitnehmers verbleiben. Aber auch das ist keine statische Größe.

Sofern es einen Betriebsrat gibt, ist dieser gem. § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG einzubinden.

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Darf der Arbeitgeber die Arbeitnehmer auf eine Infektion mit dem Coronavirus untersuchen?

Grds. darf der Arbeitgeber keine Untersuchungen anordnen. Aber die jetzige Lage ist so noch nicht da gewesen, so dass man hier nichts ausschließen sollte.

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer Weisungen des Arbeitgebers zu befolgen, die im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers liegen. Das Direktionsrecht findet seine Begrenzung durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers.

Es ist zwischen dem Informationsinteresse des Arbeitgebers und dem Interesse des Arbeitnehmers an der Wahrung seines Persönlichkeitsrechts abzuwägen.

Eine Verpflichtung zur ärztlichen Untersuchung auf eine Infektion mit dem Coronavirus dürfte jedenfalls dann unzulässig sein, wenn es keinen konkreten Anhaltspunkt für eine Corona Erkrankung des Arbeitnehmers gibt.

Im Einzelfall könnten bestimmte Maßnahmen durchaus zulässig sein. Vor der Einführung von allgemeinen, verdachtsunabhängigen Anordnungen von Untersuchungen und sei es nur einer Temperaturmessung sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden. Das gilt insbesondere auch aus datenschutzrechtlicher Sicht bei der Umsetzung solch vorbeugender Maßnahmen.

Muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber bei einer Ansteckung mit dem Coronavirus informieren?

Es gilt der Grundsatz, dass der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, dem Arbeitgeber den Grund der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen.

Bei hochansteckenden Erkrankungen wie dem Coronavirus wird der Arbeitnehmer, der stets verpflichtet ist, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen, den Arbeitgeber informieren müssen.

Was passiert, wenn Schulen und Kitas schließen?

Sofern Schulen oder Kitas wegen des Corona-Virus schließen, müssen die Eltern sich zunächst einmal kurzfristig um Betreuungsmöglichkeiten kümmern.

Einfach nicht zur Arbeit zu erscheinen geht nicht und das Fernbleiben von der Arbeit kann eine Pflichtverletzung darstellen, die abgemahnt werden und ggf. auch zur Kündigung berechtigen kann.

Für die Eltern besteht ein Spannungsverhältnis. Zum einen besteht eine Verpflichtung, dass sie ihre Arbeitsleistung erbringen müssen, zum anderen müssen Sie auch ihr Kind betreuen. Findet sich aber keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit, hat die Kinderbetreuung Vorrang.

Die Arbeitnehmer haben gemäß § 616 BGB auch einen Anspruch auf Vergütung, wenn sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit aus persönlichen Gründen nicht arbeiten können.

Beispielsweise gilt das für Todesfälle, Hochzeiten, Geburten etc.

Grds. kann man hier auch die Betreuungsbedürftigkeit von Kindern bei einer Kita-Schließung aufgrund des Coronavirus erfasst ansehen, wenn es keine alternative Betreuungsmöglichkeit gibt.

Der Zeitraum einer bezahlten Freistellung ist im Gesetz nicht definiert.

Zwei bis drei Tage dürften vertretbar sein, wenn es darüber hinausgeht, kann grds. erwartet werden, dass eine alternative Betreuungsmöglichkeit gesucht wird.

Dieser Anspruch kann aber durch Vertrag oder Tarifvertrag ausgeschlossen sein. Daher sollte die rechtliche Situation geprüft werden.

Bei einer längeren Schließung der Schule/Kita wegen des Coronavirus muss der Arbeitnehmer dann Urlaub nehmen oder eine unbezahlte Freistellung mit dem Arbeitgeber vereinbaren.

Anders ist es dann, wenn das Kind am Corona-Virus erkrankt ist. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer ein Recht darauf, zu Hause zu bleiben und sein Kind zu pflegen. Das Gehalt wird dann vom Arbeitgeber oder der Krankenkasse gezahlt.

Darf der Arbeitnehmer von der Arbeit fernbleiben, weil er keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen will/kann?

Nein, es ist grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers, wie er zur Arbeit kommt. Der Arbeitnehmer trägt das so genannte Wegerisiko. Kann er wegen öffentlicher Verkehrsstörungen, Glatteis, oder sonstige widriger Ereignisse den Arbeitsplatz nicht erreichen, entfällt der Vergütungsanspruch.

Wenn es alternative Möglichkeiten gibt, wie bspw. Taxi, der eigene PKW oder eine Fahrgemeinschaft, kann die Unpünktlichkeit auch zu verschulden sein und der Arbeitgeber kann eine Abmahnung aussprechen, die im Wiederholungsfall zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen kann.

Dürfen Mitarbeiter auf Dienstreise ins Ausland geschickt werden?

Hier gelten zunächst die allgemeinen Regelungen.  Ob der Arbeitgeber berechtigt ist, den Mitarbeiter zu einer Dienstreise ins Ausland zu schicken, bestimmt sich nach dem Arbeitsvertrag und dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. (vgl., § 106 GewO).

Dazu kommt, dass den Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer trifft. Derzeit müsste man wohl davon ausgehen, dass die Anordnung einer Dienstreise nach China oder andere Gegenden, in denen eine hohe Ansteckungsgefahr ist, nach Billigkeitsgesichtspunkten nicht zulässig sein dürfte. Auch bei bekannten Vorerkrankungen dürften Dienstreisen in weniger gefährdete Gebiete nur begrenzt zulässig sein. Hier muss am Einzelfall eine Prüfung stattfinden.

In der Regel sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer hier eine einvernehmliche Lösung finden, da keiner Interesse an einer Ansteckung des Arbeitnehmers mit dem Coronavirus hat.

Was muss der Arbeitgeber beachten, um die Arbeitnehmer zu schützen?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, das betrifft auch dessen Gesundheit (Fürsorgepflicht).

Hygienevorschriften sind zu beachten und die Mitarbeiter sind in Krisenzeiten verpflichtet, die Mitarbeiter verstärkt darauf hinzuweisen, um die Verbreitung von Krankheiten zu verhindern. Je nach Betrieb müssen Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt werden. Gemäß § 618 BGB muss der Arbeitgeber die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit schützen. Ob das so weit geht, dass besondere Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind, wie die Zurverfügungstellung von Schutzmasken ist am Einzelfall zu prüfen.

Die Weigerung des Arbeitnehmers solche Anweisungen zu befolgen, kann eine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung darstellen, die zur Abmahnung und im Falle der beharrlichen und wiederholten Weigerung zur verhaltensbedingten Kündigung führen kann.

Sofern es einen Betriebsrat gibt, ist dieser einzubeziehen.

Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen und Kurzarbeitergeld erhalten?

Kurzarbeitergeld wird von der Agentur für Arbeit geleistet, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall iSv § 96 SGB III vorliegt. Kurzarbeitergeld ist sogar dann zu zahlen, wenn im Betrieb die Arbeit vorübergehend ganz eingestellt wird („Kurzarbeit Null“).

Ein Arbeitsausfall ist dabei dann erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, vorübergehend und nicht vermeidbar ist. Ein unabwendbares Ereignis liegt dann vor, wenn es objektiv feststellbar und auch bei Anwendung äußerster Sorgfalt durch den betroffenen Betrieb nicht abwendbar ist. Vorübergehend ist ein Arbeitsausfall, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussehbar ist, dass in absehbarer Zeit und unter nur unwesentlicher Überschreitung der Maximalbezugsfristen des Kurzarbeitergeldes mit einer Rückkehr zur Vollarbeit zu rechnen ist. Der Arbeitsausfall darf muss zudem unvermeidbar sein, dh, es müssen zunächst alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen werden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu vermeiden, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt wird, wie z.B. der Abbau von Urlaub und Überstunden.

Bislang wurden Erkrankungen eher als übliches, innerbetriebliches Risiko angesehen. Aufgrund der notstandsähnlichen Situationen beim Coronavirus spricht indes einiges dafür, von einem unvermeidbaren Arbeitsausfall auszugehen.

Die Bundesagentur für Arbeit geht offensichtlich davon aus, dass beim Corona Virus Kurzarbeit in Betracht kommt.

In einer ersten Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit zur Frage des Kurzarbeitergeldes heißt es:

»Ein auf Grund oder in Folge des Corona-Virus und/oder der damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen eingetretener Arbeitsausfall beruht im Regelfall auf einem unabwendbaren Ereignis oder auf wirtschaftlichen Gründen im Sinne des Paragraphen 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Ein Ausgleich des Arbeitsausfalls mit Hilfe des konjunkturellen Kurzarbeitergeldes ist damit grundsätzlich möglich.

 

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