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Corona und Minusstunden: Darf der Arbeitgeber Gehalt abziehen?

Während der Corona-Krise sind bei vielen Arbeitgebern die Aufträge eingebrochen und es gab für die Arbeitnehmer schlicht weniger zu tun.

Hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber einseitig Minusstunden anordnen darf und die angefallenen Minusstunden vom Gehalt abgezogen werden dürfen.

Ohne Vereinbarung gibt es keine Minusstunden

Darf der Arbeitgeber wegen Corona entstandene Minusstunden von meinem Gehalt abziehen?

Grundsätzlich Nein, denn der Arbeitgeber trägt das so genannte Betriebsrisiko. Leistungsstörungen, bei denen die Arbeitsleistung des arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitnehmers aus im Betrieb liegenden Gründen unterbleibt, fallen in die Risikosphäre des Arbeitgebers und gehen zu dessen Lasten.

Ordnet der Arbeitgeber Minusstunden an oder gibt er dem Arbeitnehmer schlicht weniger Arbeit, ist der Arbeitnehmer ohne sein Verschulden daran gehindert, seine vertraglich geschuldete Arbeit zu erbringen. Gemäß § 615 S. 3 BGB hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohnfortzahlung in voller Höhe..

Es besteht daher auch keine Pflicht des Arbeitnehmers, die Arbeit nachzuholen. Die ausgefallenen Arbeitszeiten dürfen also nicht als Minusstunden vom Gehalt abgezogen werden.

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Minusstunden nur bei Bestehen eines Arbeitszeitkontos

Ausnahmsweise sind Minusstunden zu berücksichtigen, wenn ein Arbeitszeitkonto besteht.

Ein Arbeitszeitkonto gibt den Umfang der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit wieder und kann den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ausdrücken. Die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden setzt voraus, dass der Arbeitgeber diese Stunden bereits vergütet hat und der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist. Eine Zahlung durch den Arbeitgeber ist dann ein Vorschuss, wenn sich beide Seiten bei der Auszahlung darüber einig waren, dass es sich um eine Vorwegleistung handelt, die bei Fälligkeit der Forderung verrechnet wird.

Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer allein darüber entscheiden kann, ob Minusstunden entstehen und er damit einen Vorschuss erhält. Hingegen kommt es zu keinem Vergütungsvorschuss, wenn sich der das Risiko der Einsatzmöglichkeit bzw. des Arbeitsausfalls tragende Arbeitgeber nach § 615 BGB Satz 1 und 3 BGB im Annahmeverzug befunden hat.

Die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos, insbesondere die Möglichkeit eines negativen Kontostandes, bedarf aber einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Gibt es keinen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung, muss das individuell vereinbart werden.

Voraussetzung für die Berücksichtigung von Minusstunden im Arbeitszeitkonto

  • Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag 
  • Klare Vereinbarung über Eckdaten des Arbeitszeitkontos
  • Im Arbeitszeitkonto muss festgelegt sein,, wie viel Mehr- bzw. Minderarbeit angerechnet wird. Zudem sollten Ausgleichsregelungen bestehen, welche die Verrechnung von Über- und Minusstunden klären

Die Verrechnung von Minusstunden bei einer Kündigung

Ein Problem was sich stellen kann ist, was im Falle des Ausscheidens des Arbeitnehmers mit Minusstunden geschieht.

Kann der Arbeitnehmer -teilweise- eigenverantwortlich entscheiden, wann er seine Arbeit erbringt, dann liegt eine echte Gleitzeit vor. In dem Fall kann der Arbeitgeber grds. nicht in Annahmeverzug geraten und eine Rückforderung des nicht mehr ausgleichbaren Wertes der Minusstunden ist möglich (sofern realisierbar!).

In dem Fall, in dem der Arbeitgeber über die Arbeitszeit disponiert, gehen bei Ausscheiden bestehende Minusstunden grds. zu Lasten des Arbeitgebers, sofern der Arbeitnehmer diese nicht ausnahmsweise zu vertreten hat.

Um dieses Risiko zu begrenzen wird regelmäßig eine maximale Anzahl von Minusstunden vereinbart. Arbeitgebern ist zu raten, die  Minusstunden im Rahmen eines internen Ampelsystems zu überwachen.

Sollten Sie Fragen zum Thema Überstunden, Minusstunden und Arbeitszeitkonto haben sprechen Sie uns an!

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