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Nachwehen des Patentkriegs. BGH kippt auf Antrag von Motorola das Apple-Patent zur Entsperrung eines Touchscreens.

Die grafisch unterstützte Wischbewegung erhöht lediglich den Bedienkomfort und stellt keine technische Lösung dar. RA Greier erläutert die Hintergründe.

Bundesgerichtshof erklärt  ein Patent von Apple zur Entsperrung eines Touchscreens für nichtig (25.08.2015 ,BGH X ZR 110/13).

Das Patent wurde von Motorola und ursprünglich auch von Samsung mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen.

Hintergrund sind die Nachwirkungen eines seit Jahren andauernden Patentkriegs zwischen Apple und Google. Im Jahr 2011 fühlte sich Apple durch das Betriebssystem Android von Google derartig unter Druck gesetzt, dass zum Angriff übergegangen wurde. Hierbei stürzte sich Apple vor allem auch auf die Geräteanbieter die das Android Betriebssystem nutzen. Diese wehrten sich dann ihrerseits mit Gegenangriffen, wie der hiesigen Nichtigkeitsklage.

Unstreitig war es schon vorher üblich, mobile Geräte gegen eine unabsichtliche Funktionsauslösung durch zufälligen Berührungskontakt zeitweise zu sperren und durch Berührung bestimmter Bildschirmbereiche in einer vorgegebenen Reihenfolge wieder zu entsperren. Die Mitmenschen mit dickeren Fingern, werden sich besonders erinnern.

Die Lösung von Apple sah dann so aus, dass  das Entsperren dadurch benutzerfreundlicher gestaltet wurde,  dass der Nutzer zum Entsperren des Geräts eine Fingerbewegung (Wischbewegung) auf der Berühroberfläche ausführt. Zudem wird dem Nutzer eine Grafik angezeigt, wie sich die Wischbewegung  zu vollziehen hat.

Bereits das Bundespatentgerichts Bundespatentgericht – Urteil vom 4. April 2013 – 2 Ni 59/11 (EP) hatte im Jahre 2013 entschieden, dass das Patent nichtig ist.

Zur Begründung führte es aus, dass die „Erfindung“ keine über den Stand der Technik hinaus gehende Entwicklung sei.

Das von dem schwedischen Hersteller Neonode vertriebene Mobiltelefon N1 hätte bereits alle Merkmale der Erfindung aufgewiesen, bis auf die Anweisung dem Nutzer auf dem Bildschirm ein Entsperrbild anzuzeigen, das sich im Einklang mit der – als solche bekannten – Fingerbewegung auf einem vorgegebenen Pfad auf dem Bildschirm bewegt. Durch die Darstellung  des Ablaufs des Entsperrvorgangs durch das (Mit-) Bewegen des Entsperrbildes würde aber in keiner Weise ein technisches Problem gelöst.

Das Gerät selbst und seine technische Funktion werden nicht beeinflusst, sondern lediglich eine Information grafisch dargestellt: der Benutzer erhalte ein „optisches Feedback“, dass der Beginn einer Entsperrgeste vom Gerät erkannt wurde, und dass deren weitere Ausführung vom Gerät verfolgt wird. Irgendwelche „auf technischen Überlegungen beruhenden Erkenntnisse“ liegen einer solchen Maßnahme nicht zugrunde.

Daran könnten auch weder ein großer Markterfolg noch die Nachahmungen durch Mitbewerber  etwas ändern.

Der unter anderem für das Patentrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Entscheidung nun im Ergebnis bestätigt. Nach Auffassung des BGH gehe die Erfindung zwar insofern über den durch das vorbekannte Mobiltelefon Neonode N1 verkörperten Stand der Technik hinaus, da es die Entsperrung dem Benutzer durch eine den Entsperrvorgang begleitende grafische Darstellung anzeigt.

Eine benutzerfreundliche Anzeige in der hiesigen Form sei für Fachleute durch den Stand der Technik aber bereits nahegelegt gewesen sei, so dass das Streitpatent jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Die Entscheidung des BGH bestätigt die zu begrüßenden Tendenzen in der Rechtsprechung, dass ein Patentschutz nur für wirkliche technische Erfindungen erlangt werden kann und der Schutz eines  technisch nicht neuen Produkts nicht durch eine nahe liegende Erhöhung des Bedienkomforts  erreicht werden kann.

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