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Klarnamenpflicht bei Faceboook- Dragqueens Raus?

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat einem Eilantrag (15 E 4482/15) von Facebook stattgegeben, der sich gegen die Anordnung des Datenschutzbeauftragten richtet, die Nutzung eines Facebook-Kontos unter einem Pseudonym zu ermöglichen
Nachdem Facebook ein unter einem Pseudonym geführtes Konto einer Nutzerin gesperrt hatte, hat der Datenschutzbeauftragte die Beschwerde der Facebook-Nutzerin zum Anlass genommen, Facebook zu verpflichten, der Betroffenen die Nutzung ihres Facebook-Kontos unter ihrem Pseudonym zu ermöglichen. Die Verpflichtung ist gegenüber der Facebook Ireland Limited ergangen, die der Hauptgeschäftssitz des Facebook-Konzerns außerhalb von Nordamerika ist. Diese hat sich in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Anordnung des Datenschutzbeauftragten gewendet.
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass der Bescheid des Datenschutzbeauftragten einstweilen nicht vollzogen werden darf. Damit bleibt es zunächst dabei, dass Facebook die Führung des Facebook-Kontos unter Nutzung des wahren Namens (sog. Klarnamen) verlangen darf. Das Gericht hat ausgeführt, dass das deutsche Recht, auf welches der Daten-schutzbeauftragte seine Verfügung gestützt hat und welches die Telemedienanbieter grundsätzlich verpflichtet, die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, keine Anwendung finde. Es sei das Recht desjenigen Mitgliedstaates der Europäischen Union anzuwenden, mit dem die streitige Datenverarbeitung am engsten verbunden sei. Dies sei hinsichtlich der Klarnamenpflicht die Niederlassung Facebooks in Irland. Die deutsche Niederlassung sei überwiegend nur im Bereich der Werbung tätig.
Wenn es nach Facebook geht, sollte jeder Nutzer mit seinem echten Namen auftreten und FB ist daher bemüht, die Klarnamenpflicht auf dem eigenen Portal zu sichern.
In diesem Zusammenhang wurden kürzlich z.B. Profile von Dragqueens einfach aus dem sozialen Netzwerk gelöscht. Der Grund dafür war, dass die Nutzer sich nicht mit ihrem bürgerlichen Namen angemeldet hatten. Hierin liegt laut Facebook ein Verstoß gegen seine Nutzungsbedingungen.
In den Nutzungsbedingungen ist in der Tat unter Ziffer 4 geregelt, dass Facebook-Nutzer ihre wahren Namen und Daten angeben müssen.
Grund für die Klarnamenpflicht ist laut Facebook, dass andernfalls der Charakter des Netzwerks nicht gewahrt werden könne, wenn Doppelanmeldungen und Fake-Profile zulässig wären. Tatsächlich dürften vor allem Werbegelder besser generiert werden können, wenn Klarnamen die Erstellung von Verknüpfungen ermöglichen.
Aus rechtlicher Sicht ist es fraglich ist, ob das mit § 13 VI TMG zu vereinbaren ist.
Danach hat „Der Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren.“
Auf dieser Grundlage erließ das unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein im Jahr 2012 sowohl gegen Facebook Ireland als auch gegen Facebook USA Verfügungen, wonach diese verpflichtet werden sollten, die Anmeldung bei Facebook unter Eingabe eines Pseudonyms zu ermöglichen und bereits deswegen gesperrte Nutzerkonten wieder zu entsperren.
Facebook beantragte einstweiligen Rechtsschutz und bekam auch Recht:
Das OVG Schleswig-Holstein entschied am 22.04.2013, dass auf die Datenverarbeitung bei Facebook auch auf deutsche Nutzer nicht deutsches, sondern irisches Datenschutzrecht anwendbar sei.
Das Gericht vertrat dabei die Auffassung, dass es sich bei der Facebook Germany GmbH nicht um eine Niederlassung i.S.d. BDSG handele, da diese nur im Bereich des Marketings tätig sei. Eine Datenverarbeitung finde ausschließlich bei Facebook Ireland und nicht bei der Facebook Germany GmbH statt.
Deutsches Recht sei daher nicht anwendbar. Im BDSG sei geregelt, dass, dass es nicht anwendbar ist, eine in einem anderen Mitgliedsstaat belegene verantwortliche Stelle (Facebook Ireland) Daten im Inland (hier: Deutschland) erhebt.
In einem Verfahren gegen Google hatte der EuGH sich hingegen in eine andere Richtung geäußert und darauf abgestellt, ob die Tätigkeit einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft auf die Einwohner des inländischen Staates ausgerichtet ist.“ (EuGH, Urteil vom 13.05.2014 – C 131/12)
Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten müsse nicht „von“ einer Niederlassung ausgeführt werden, sondern nur „im Rahmen der Tätigkeit“ der Niederlassung. Und im Rahmen der Tätigkeit der Niederlassung erfolgt auch eine Verarbeitung personenbezogener Daten, selbst wenn die Niederlassung auch nur die Aufgabe hat, in dem Mitgliedsstaat für die Förderung des Verkaufs der angebotenen Werbeflächen mit denen die Dienstleistung rentabel gemacht werden soll und für diesen Verkauf selbst zu sorgen. Denn dann seien diese Tätigkeiten untrennbar miteinander verbunden, weil die die Werbeflächen betreffenden Tätigkeiten das Mittel darstellen, um das Unternehmen wirtschaftlich rentabel zu machen und die Plattform gleichzeitig das Mittel ist, welche die Durchführung dieser Tätigkeiten ermöglicht.
Bereits die Anzeige personenbezogener Daten auf einer Seite mit Suchergebnissen stelle eine Verarbeitung dieser Daten dar.
Damit ist die Rechtsprechung des EuGH nicht im Einklang mit der deutschen Rechtsprechung.
Ob Facebook nun verpflichtet ist, Pseudonyme zuzulassen ist nach wie vor strittig. Die gemeine Dragqueen kann Facebook ohnehin nicht auf Einhaltung des § 13 VI TMG verklagen, da § 13 TMG keinen individualrechtlichen Schutz und Anspruch gewährt, welcher gerichtlich geltend gemacht werden könnte.
Mittlerweile ist Facebook zurückgerudert und hat kundgetan, dass: „Der Geist unserer Vorschrift ist, dass jeder den Namen verwendet, den er auch im richtigen Leben gebraucht.“
Nun denn, es bleibt spannend.

Mehr zum Social-Media Recht finden Sie unter https://rechtsanwalt-greier.de/taetigkeitsgebiete/social-media-recht/

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