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BAG –Der Arbeitnehmer lebenslang im Netz des Arbeitgebers? Achtung Arbeitnehmer! Die einmal erteilte Einwilligung in die Veröffentlichung von Videoaufnahmen der eigenen Person kann selbst nach Ende des Arbeitsverhältnisses kaum mehr widerrufen werden. RA Greier erläutert die Zusammenhänge.

Nicht selten werden Arbeitnehmer gefragt, ob sie sich an der Erstellung eines Werbevideos  ihres Unternehmens für die Homepage beteiligen wollen. In dem Moment ist das dann meist eine willkommene Abwechslung vom Arbeitsalltag. Doch was passiert nach –möglicherweise sogar streitiger- Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Besteht die Einwilligung dann fort oder endet sie automatisch?

Mit einem solchen Fall hatte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG v. 11.12.2014- 8 AZR 1010/13)  zu beschäftigen.

In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Arbeitnehmer sich durch Unterschrift auf einer Namensliste, damit einverstanden erklärt, dass Filmaufnahmen von seiner Person zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Arbeitgebers verwendet werden dürfen.

Auf dieser Grundlage ließ der Arbeitgeber einen Werbefilm erstellen und ins Netz stellen, bei dem der Arbeitnehmer gemeinsam mit einem Teil der Belegschaft auftrat und eindeutig erkennbar war.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerrief der Arbeitnehmer per anwaltlichem Schreiben seine Einwilligung zur Verwendung des Videos und forderte den Arbeitgeber auf, das Video von der Homepage zu entfernen.

Der Arbeitgeber nahm das Video von der Homepage behielt sich aber vor künftig erneut mit dem Video zu werben. Hiergegen wendete sich der Arbeitnehmer.

 

Erforderlichkeit der Schriftform der ursprünglichen Einwilligung

Zunächst hat das Gericht festgestellt, dass bereits dann, wenn der Arbeitnehmer auch nur für Sekunden erkennbar abgebildet ist, eine individuelle Bilddarstellung vorliegt, welche das Verfügungsrecht des Arbeitnehmers über „seine“ Abbildung auslöst, mag sie auch noch so kurz und unbedeutend sein.

Nach § 22 KUG (Kunsturhebergesetz) dürfen Bildnisse dann nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.

Das KUG stelle für die Einwilligung keine Formerfordernisse auf, daher könne die Einwilligung nach dem KUG grundsätzlich formlos oder konkludent geschehen. Auch wenn das ein Widerspruch zum zu den Einwilligungserfordernissen des § 4a I3 BDSG darstelle,  gehe das KUG hier den datenschutzrechtlichen Bestimmungen grundsätzlich vor.

Im Lichte des Verfassungsrechts habe gleichwohl eine Abwägung der betroffenen Belange, hier zwischen des Verwendungsinteresses des Arbeitgebers und dem Recht des betroffenen Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung zu erfolgen, ob eine Erlaubnis erforderlich ist und wenn ja, in welcher Form.

Wegen der Bedeutung des Rechts der Arbeitnehmer, auch im Arbeitsverhältnis ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben zu dürfen, führe eine solche Abwägung nach Auffassung des Gerichts im Ergebnis dazu, dass auch und gerade im Arbeitsverhältnis die Einwilligung der Arbeitnehmer der Schriftform bedarf. Nur dadurch kann verdeutlicht werden, dass die Einwilligung der Arbeitnehmer zur Veröffentlichung ihrer Bildnisse unabhängig von den jeweiligen Verpflichtungen aus dem eingegangenen Arbeitsverhältnis erfolgt und dass die Erteilung oder Verweigerung der Einwilligung für das Arbeitsverhältnis keine Folgen haben dürfen.

Die Arbeitgeber müssen sich also die Einwilligung schriftlich einholen, wollen sie eine Videoaufnahme der Mitarbeiter überhaupt veröffentlichen.

Bis hierin alles noch relativ leicht nachvollziehbar.

Keine automatische Befristung der Einwilligung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses

Weiter stellt das Gericht fest, dass die wirksame Einwilligung des Arbeitnehmers  iSd § 22 KUG nicht automatisch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen sei.

Die Einwilligung sei weder kalendermäßig noch zweckgerichtet auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses befristet worden.

Nach Ansicht des Gerichts ende die Einwilligung jedenfalls dann nicht automatisch, wenn das Bild oder der Film reinen Werbezwecken dient und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt transportiert.

Anders wären nur solche Fälle zu bewerten, bei denen z.B. durch ein Profilbild die Zugehörigkeit zum Team des Arbeitgebers herausgestellt wird, wodurch eine Beschränkung der Einwilligung des Arbeitnehmers auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses offensichtlich werde (vgl. LAG Hessen, Urt. v. 24.1.2012 19 SaGa 1480/11) , hier  ging es um das Profil einer Anwältin auf der Kanzleiseite des Arbeitgebers).

Da Werbefilme abgesehen von dem oben beschriebenen Fall immer nur der Darstellung des Unternehmens dienen, dürfte eine einmal erteilte Einwilligung nach dieser Rechtsauffassung so gut wie niemals automatisch enden.

Keine Möglichkeit zum Widerruf des einmal erteilten Einverständnisses

Das Gericht geht indes noch weiter und stellt fest, dass die Einwilligung auch nicht durch den erklärten Widerruf unwirksam geworden sei.

 

Eine zeitlich nicht beschränkt erteilte Einwilligung bedeute im Grundsatz zwar nicht, dass sie unwiderruflich erteilt worden wäre. Allerdings könne eine einmal erteilte Einwilligung auch nicht generell „jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.

Bei einer allgemeinen Darstellung des Unternehmens, auch wenn diese aus Werbezwecken erfolgt ist und ins Internet gestellt wird, bei der die Person und Persönlichkeit des Arbeitnehmers nicht hervorgehoben, sein Name nicht genannt und die Identität seiner Person auch sonst nicht herausgestellt wird und bei der zudem beim Betrachter nicht zwingend der Eindruck entsteht, es handele sich um die aktuelle Belegschaft, kann von einer wirtschaftlichen und persönlichkeitsrelevanten Weiter-„verwertung“ der Abbildung des Arbeitnehmers nicht ausgegangen werden.

So wenig wie Arbeitnehmer gezwungen  sind, der Verwendung und Herstellung ihrer Abbildung während des Bestands des Arbeitsverhältnisses zuzustimmen, so wenig können sie ihre einmal wirksam erteilte Einwilligung allein aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerrufen. Im Ergebnis der in solchen Fällen vorzunehmenden Gesamtabwägung ist vielmehr zu verlangen, dass der widerrufende Arbeitnehmer einen Grund im Sinne einer Erklärung angibt, warum er nunmehr, anders als bei der Jahre zurückliegenden Erteilung der Einwilligung, sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenläufig ausüben will.

Eine bemerkenswerte Entscheidung des BAG, das hier die Interessen des Arbeitgebers an dem Erhalt seines Werbefilms höher einstuft, als die Interessen des einzelnen Arbeitnehmers an seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Es liegt auf der Hand, dass der Arbeitnehmer die Zustimmung während des Arbeitsverhältnisses nur aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit erteilt. Er würde auch keinem anderen Unternehmen für Werbezwecke kostenlos zur Verfügung stehen. Wenn es dem Arbeitgeber nicht um die individuelle Darstellung der Person geht, steht hier offensichtlich auch nur das Interesse an günstigen Darstellern im Vordergrund. Es mag nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Vielzahl von Gründen geben, warum man nicht mehr mit seinem ehemaligen Arbeitgeber in Verbindung gebracht werden möchte.

Angesichts der zunehmend präziser arbeitenden Gesichtserkennungsprogramme und Algorithmen von Google & Co überzeugt die Interessenabwägung nicht. Geschäftsgrundlage für die erteilte Einwilligung war für beide Seiten ersichtlich der Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Selbst wenn man keine automatische Beendigung annehmen möchte, kann es nicht die Aufgabe des Arbeitnehmers sein ein besonderes Interesse an seinem -nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses- erklärten Widerruf darzulegen. Vielmehr müsste es der Arbeitgeber sein, der ein besonderes Interesse darlegt, dass trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses und ausdrücklich erklärtem entgegenstehenden Willen der abgebildeten Person, ausnahmsweise ein Interesse an der Weiternutzung des Bildnisses besteht.

Angesicht der Entscheidung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts sollten Arbeitnehmer es sich derzeit jedenfalls sorgfältig überlegen, ob sie sich für derartige Werbevideos zur Verfügung stellen.